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Ausgabe 21

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K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen
CHRONIK update
5. - 27. März 1997
4 KinderRÄchTsZÄnker fliegen nach Nicaragua und bereiten dort
den diesjährigen Austausch vor. (click)
6. März 1997
Wahlalterdiskussion auf LandesSchülerInnenAusschuß Berlin
7. März 1997
Regenbogen im Internet
10. - 15. März 1997
2. Besuch in Wiener Schülerschule
11. - 12. April 1997
Auftritt bei LandesSchülerInnenkonferenz in
Bad Dürkheim (bei Mannheim)
12. April 1997
Länderausschuß des Grün-alternativen
Jugendbündnisses beschließt nach Diskussion Wahlrecht ohne Altersbeschränkung.
25. April 1997
Chemiefall in der BRAVO - sehr viel Post
28. April 1997, 22.30 Uhr
45minütiger Dokumentationsfilm über K.R.Ä.T.Z.Ä.
im WDR, 150.000 Zuschauer
17. Mai 1997
Diskussionsrunde "Wahlrecht ab dem Kindesalter?" auf 4. Jugendmediencamp
in Blankerförde bei Neustrelitz
1. Juli 1997
K.R.Ä.T.Z.Ä. zieht um (click)
14. Juli 1997
Plakatwand gestaltet
24. Juli - 15. August 1997
14 Jugendliche der Bewegung der arbeitenden Kinder und Jugendlichen
(NATRAS) aus Nicaragua und Honduras sind bei uns zu Gast. (siehe Regenbogen
21a)
Wien kriegt K.R.Ä.T.Z.Ä.
Vom 10.3. - 15.3. fuhren wir, die KinderRÄchTsZÄnker aus Berlin,
zum zweiten Mal nach Wien in die SchülerSchule. Diese Schule ist überhaupt
nicht vergleichbar mit "normalen" Schulen. Für uns war es ein Kulturschock.
In Regelschulen sitzen die Schüler - im Unterschied zur SchülerSchule,
wo die Schüler im Kreis sitzen - aufgereiht und frontal zum Lehrer.
Der versucht ihnen den im Lehrplan festgelegten Unterrichtsstoff einzutrichtern.
Die Schüler haben keine Möglichkeit den Unterrichtsstoff mitzugestalten.
Wenn sich doch mal jemand wehrt, werden Strafen erteilt, wie z.B. zusätzliche
Aufgaben, oder es wird einem mit schlechten Zensuren gedroht. Man sieht
auch oft, daß die Schüler gewalttätig und aggressiv miteinander
umgehen. Dies wird ihnen oft als angeboren unterstellt.
In der SchülerSchule in Wien bestimmen die Schüler bei fast
allem mit. Es gibt auch keine Zensuren, mit denen sie erpreßt werden
könnten. Kein Lehrer würde auf die Idee kommen, einen Schüler
z.B. zum Mützeabsetzen zu zwingen, nur damit die mitteleuropäische
Kultur bewahrt wird, wie das Verbot bei uns oft begründet wird. Hier
in Wien treffen sich Schüler und Lehrer jeden Morgen um 9.00 Uhr zum
Plenum, wo alle im Kreis auf Stühlen, Tischen, Sofas etc. sitzen,
um den Tagesablauf zu besprechen, wobei nicht nur die Lehrer Vorschläge
machen, sondern auch die Kinder. Als wir da waren, schlug ein Junge vor,
in einen Film über Wale zu gehen. Den Kinobesuch organisierte er dann
auch selbständig. Uns fiel mal wieder auf, wie stumpfsinnig es ist,
die Schüler zu unterdrücken, nur damit sie stillsitzen. Wenn
man wirklich nichts mitkriegen will, hat man immer noch die Möglichkeit
das Plenum zu verlassen. Es wäre natürlich vorteilhafter dabeizubleiben,
da man sonst keinen Einfluß auf wichtige Entscheidungen haben kann.
Nach dem Plenum bilden sich die verschiedene Unterrichtsgruppen zum Lernen.
Um 12.30 Uhr treffen sich alle zum Mittagessen, das von den Eltern der
Schüler gekocht wird. Es kommt auch oft vor, daß die Schüler
mitkochen. Der Schultag geht bis 17 Uhr.
Am Anfang des Schuljahres stellen die Schüler sich ihren Stundenplan
zusammen. Alle zwei Monate gibt es Blockprojekte. Die sehen so aus, daß
die Schüler und Lehrer sich eine Woche nur mit einem Thema befassen.
Außerdem gibt es noch Projektwochen, in denen Fahrten gemacht werden,
wie z.B. ein Skikurs in Oberthauen oder eine Fahrt nach Israel in die demokratische
Schule Hadera. Die Reisen sind wahrscheinlich auch ein Grund dafür,
daß viele der Schüler besser Englisch sprechen als wir, die
teilweise schon viel länger diese Sprache lernen. In der Zeit, in
der wir in Wien waren, waren noch Leute aus Israel und England da. Je länger
wir hier sind, desto schwerer fällt es uns, in unsere Schulen in Berlin
zurück zugehen. Die SchülerSchule in Wien ist ein weiterer Beweis
dafür, daß Kinder auch ohne Zwang intensiv lernen können.
Lisa Soika und Paula Sell
LandesschülerInnenkonferenz in Rheinland-Pfalz
Vom 11. bis 13. April fand in einem Gymnasium in Bad Dürkheim (nähe
Mannheim) eine dieser chaotischen LandesschülerInnenkonferenzen statt.
K.R.Ä.T.Z.Ä. war eingeladen, über kinderrechtliche Themen
aufzuklären. Julian und ich haben uns freudig dazu bereit erklärt.
Wir kamen Freitag nachmittag in Mannheim an, wurden liebenswürdigerweise
von einem ortskundigen Rheinland-Pfälzer abgeholt, der sogar kurz
auf Mannheims Sehenswürdigkeiten (ein Wasserturm und so‘n Schloß)
einging.
Durch das in der Schule herrschende Chaos und die freundliche Stimmung
fühlten wir uns gleich wohl. Nach dem Abendbrot in einem Tennisclub
setzten Julian und ich uns mit ca. 20 anderen Leuten ins Sofazimmer und
breiteten unsere Forderungen wie "Schulpflicht durch Recht auf Bildung
ersetzen" oder "Wahlrecht für alle" aus.
Die verschiedenen Thesen wurden teilweise belächelt, empört
dementiert ("Mein Lehrer ist nicht so!") oder völlig abgelehnt. Auf
der anderen Seite gab es aber auch welche, die sich mit uns völlig
identifizieren konnten.
Über manch festgefahrene Meinungen habe ich mich gewundert und
selten habe ich so viele Schüler getroffen, die das deutsche Schulsystem
vehement verteidigten. Mir hat die Diskussion aber viel gebracht und ich
hatte manchmal sogar richtig Spaß an den bissigen Argumenten. Nach
2 Stunden intensiven Diskutierens wurde "Ice-Breaker" herumgereicht und
alle waren wieder Freunde. Julian spielte bis spät in die Nacht hinein
einen Tennisball mit einer Plaste-Colaflasche an die Wand, und ich unterhielt
mich ewig mit einem Typen, der der abstrusen Meinung "Schule lehrt Lernen"
war und den ich nicht vom Gegenteil - "Schule zerstört Lernfreude"
- überzeugen konnte.
Schließlich gingen wir im Deutschraum schlafen (was für`n
Gefühl!), nachdem Julian alle mit einer 15-minütigen Zähneputzsession
genervt hat. Es war schön!
Sue Hermenau
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Am 14. Juli brachten wir nebenstehendes Plakat zu Stande. Bis 10. August
hing es in der Lychener Str. 69 in Prenzlauer Berg, dann wurde es durch
eine Werbung der Post ersetzt.
Das Kinderschutz-Zentrum hatte 100 Plakatwände, die sich in mehreren
Bezirken befanden, organisiert und Kindern und Jugendlichen, Jugendgruppen
und Künstlern zum Bemalen zur Verfügung gestellt.
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Grüne Jugend vom Kinderwahlrecht überzeugt
Am 12. April fuhren zwei KinderRÄchTsZÄnker, Julie und ich,
zum Bundesdelegiertentreffen des Grün-Alternativen Jugendbündnisses
(GAJB) nach Krefeld, um das Thema Wahlrecht (ohne Altersgrenze oder ab
16?) mit den anwesenden Landesdelegierten zu diskutieren.
Für die Wahlrecht-ab-16-Seite war, der uns mittlerweile schon
gut bekannte, Matthias Berninger eingeladen, der wie immer behauptete,
man müsse Kinder vor dem Wahlrecht schützen und ab 16 sei eben
praktikabel. Auf unserer Seite diskutierte vor allem auch Jens Augner,
Vorsitzender der Grünen Jugend Berlin, mit.
Nach 1 1/2 Stunden Wahlrechtsdiskussion wurde dann darüber abgestimmt,
ob das GAJB gegen jegliche Altersbeschränkung beim Wahlrecht sein
soll oder nicht. Dabei setzte sich unsere Forderung nach der Abschaffung
der Altersgrenze beim aktiven Wahlrecht mit 13 Stimmen (68%) bei 5 Gegenstimmen
und einer Enthaltung klar durch. Auch beim passiven Wahlrecht, der Wählbarkeit,
setzte sich die demokratischere Forderung mit ebenfalls 13 von 19 Stimmen
durch.
Es gab Überlegungen, wie man auf diese Forderungen öffentlichkeitswirksam
aufmerksam machen könnte. Eine Idee war, zu fordern, für eine
bestimmte Altersstufe von Erwachsenen, z.B. für 47-jährige, das
Wahlrecht auszusetzen, um auf die Willkürlichkeit von Altersgrenzen
beim Wahlrecht aufmerksam zu machen.
Trotz dieses Demokratiebekenntnisses unterstützt das GAJB (mit
18 von 19 Stimmen) die geplante Gesetztesinitiative der Grünen Bundestagsfraktion,
das Wahlalter auf 16 zu senken.
Die rund elf Stunden Zugfahrt dieses "Tagesausflugs" haben sich jedenfalls
gelohnt für unsere allgemeine radikale Gleichberechtigungsforderung.
Martin Wilke
Die Grüne Jugend Berlin hat mittlerweile eine Broschüre mit
dem Namen "Wahlrecht für alle! - Beiträge zur Debatte um das
Wahlalter" herausgegeben. Dort legen Renate Künast (MdA), Sybille
Volkholz (MdA) und Jens Augner jeweils ihre Position dar.
Frau Künast argumentiert für das Wahlrecht ab 14. Die Mehrzahl
ihrer Argumente ist allerdings auch für ein Wahlrecht ohne Altergrenze
zutreffend. Bei der Entscheidung für die Zahl 14 orientiert sie sich,
so wie die ganze Fraktion der Berliner Grünen, daran, daß man
ab 14 auch eine Menge anderer Rechte hat. Weil Kinder unter 14 also noch
keine Religionsfreiheit haben, dürfen sie auch keine Partei wählen,
die das ändern würde.
Sybille Volkholz ist gegen die Wahlaltersenkung auf 14. Sie will Kinder
und Jugendliche vor der Verantwortung schützen, die sie angeblich
übernehmen müßten, wenn sie wählen würden. Außerdem
wollen die Jugendlichen ja gar nicht ...
Jens Augner geht unter der Überschrift "Wahlrecht für alle!
Undemokratische Ausgrenzung beenden!" auf verschiedene Haupteinwände,
die gegen das Kinderwahlrecht angeführt werden, ein, darunter Reife,
Beeinflussung, Kinderparlamente, Verantwortung und "Die wollen gar nicht".
Grüne Jugend Berlin, Oranienstr. 25, 10999 Berlin, Tel. 615
005 43, Fax 615 005 66
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Veranstaltungen in Regenbogen Nr. 18 (2/96)
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Veranstaltungen in Regenbogen Nr. 19 (3/96)
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen in Regenbogen Nr. 20 (1/97)
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen in Regenbogen Nr. 22 (1/98)
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen in Regenbogen Nr. 23 (2/98)
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