KinderRächtsZeitung Regenbogen
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Ausgabe 21

Editorial
Noch einmal Nicaragua
Ich habe dir nie einen Rosengarten versprochen [Buchrezension]
Einmal Rupert und zurück [4. Fortsetzung von "Per Anhalter durch die Galaxis"]
Im Internet gut gefunden: Antipädagogik
Die Chemiestunde [Gedicht]
Das Recht, von zu Hause auszuziehen
Kommentar: Ziel verfehlt
Gleichberechtigung in der Familie
Schulgesetz [macht dachte es wäre anders...]
Durch einen Spiegel in einem dunklen Wort [Buchrezension]
"Vom Fehlen der Fehler"
Pressemitteilung Chemiefall: OVG lehnt Berufung ab
KRÄTZÄ ist umgezogen
Verfassungsfeindlich zum Wahlgang Teil 2
SLAPSTICK '68 - Benno-Ohnesorg-Kongreß
An-, Ab- und Aussichten [kurze Kommentare zu kinderrechtlichen/politischen Themen]
Nicotapias Kolumne
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen
Musike fom veinsten
"Die Schule - Ein Frevel an der Jugend"
Informationen für Minderjährige

Cover Ausgabe 21
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Kommentar: Ziel verfehlt

von Benjamin Kiesewetter

Es gelingt mir in letzter Zeit immer seltener, durch die Stadt zu laufen, ohne die abscheulichen Plakate der Aktion "Mehr Zeit für Kinder" sehen zu müssen, an der angeblich für mehr Kinderfreundlichkeit geworben werden soll.
Auf diesen Plakaten ist jeweils ein Kinderkopf zu sehen, dem ein Baustellenschild vors Mundwerk gesetzt geworden ist. "Außer Betrieb" steht dort zu lesen oder gar "Defekt - wegen Vernachlässigung."
Außer Frage steht, daß Vernachlässigung von Kindern, neben dem Machtmißbrauch (Erziehung), zu den größten Gemeinheiten gehört, die man jungen Menschen antun kann. Welches Bild von Kindern wird aber durch solche Werbung transportiert?
Kinder werden nicht nur als Objekte betrachtet, wie wir während unserer kinderrechtlichen Arbeit immer wieder feststellen müssen, sondern sogar als Maschinen - und das von einem Verein, der sich als Kinderlobby versteht. Wenn man Kinder zu wenig ölt, dann gehen sie eben kaputt. Zu wenig Input an Beschäftigung, und schon defekt. Es hilft also nur noch der (Seelen-)klempner, die Werkstatt, das Erziehungsheim. Der Vergleich zwischen Menschen und Maschinen wird tatsächlich ganz konsequent gemacht. So wünschten sich Erziehungsideologen doch schon immer das Kind als Auto, als sie davon sprachen, man müsse Kinder in die richtigen Bahnen "lenken".
Das Plakat richtet sich an Eltern wie die Erwachsenengesellschaft mit der Botschaft: "Kümmert Euch um die Kinder - sie brauchen Hilfe". Diese Botschaft ist genauso korrekt wie notwendig. Die unterschwellige Botschaft aber, die Kindern - aber genauso der Erwachsenengesellschaft - durch dieses Plakat vermittelt wird, ist ein Verhängnis, ein radikalere Zuweisung des Objekt-Status an Kinder habe ich noch nicht erlebt.
Anstatt, daß die entscheidende Kinderfeindlichkeit sichtbar gemacht wird (zu der ja gerade gehört, daß Kinder als Objekte betrachtet werden), wird sie hier im Wesensgehalt verstärkt. Wieso heißt es nicht "Kinder sind kleine Menschen, die große Rechte brauchen", wie es inzwischen schon Außenminister Kinkel formulierte? Wieso nicht "Kinder haben ein Recht auf Unterstützung und Hilfe"? Und wieso wird die Gefahr nicht gesehen, daß Eltern Mehr-Zeit-für-Kinder-Aufrufe möglicherweise so verstehen, daß sie Kindern Zeit mit ihnen aufdrängen? Wieso heißt es nicht im Gleichschritt (im Sinne E. v. Braunmühls): "Zeit für Kinder ist immer Zeit gegen Kinder, wenn sie ihnen aufgedrängt wird"?

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