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Ausgabe 21

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K i n d e r R Ä c h T s Z Ä n k e r
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Pressemitteilung |
17. September 1997 |
Unterrichtsbefreiung in Chemie:
Oberverwaltungsgericht lehnt Berufung ab
Das Oberverwaltungsgericht hat es ohne Begründung abgelehnt, die
Berufung im Fall der Chemieunterrichtsverweigererung eines Berliner Schülers
zuzulassen. Mit der Berufung sollte das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts
aufgehoben werden, das den Schüler Benjamin Kiesewetter zum Unterricht
verpflichtet hatte. Die hinter dem Schüler stehende Kinderrechtsgruppe
K.R.Ä.T.Z.Ä. erklärte die Aktion, die ein genereller Protest
gegen Lernzwang war, für beendet. Inzwischen hat der Schüler
auf dem letzten Zeugnis eine 1 in Chemie erhalten.
Das Oberverwaltungsgericht Berlin hat beschlossen, eine Berufung gegen
das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts nicht zuzulassen (OVG 7 N 4.97
/ VG 3 A 1720.96).
Erst seit Anfang des Jahres ist es dem Oberverwaltungsgericht möglich,
ohne jegliche Begründung Berufungen einfach nicht zuzulassen. Der
betroffene Schüler Benjamin Kiesewetter und sein Rechtsanwalt Jens
Brückner zeigten sich beide enttäuscht von der Haltung des Gerichts.
Die letzte juristische Möglichkeit wäre gewesen, beim Bundesverfassungsgericht
gegen die Entscheidung des OVG zu klagen. Von einer solchen Klage wurde
aber abgesehen, weil sie nicht sehr erfolgversprechend sei.
Stattdessen möchte sich die Kinderrechtsgruppe K.R.Ä.T.Z.Ä.
auf neue Aktionen konzentrieren. Die Aktion sei insgesamt ein großer
Erfolg gewesen, da an dem Beispiel eines Schülers vielen deutlich
gemacht wurde, wie ungerecht das "Zwangsschulsystem" an vielen Stellen
funktioniere. "Wir haben unsere Forderung nach einem Ersatz des Schulzwangs
durch ein vernünftig gehandhabtes Bildungsrecht wiederholt in der
Öffentlichkeit deutlich gemacht", sagte Benjamin Kiesewetter.
Der Schüler hatte voriges Jahr monatelang den Unterricht in Chemie
boykottiert, um auf die "Unsinnigkeit und Schädlichkeit fremdbestimmten
Lernens" hinzuweisen. Trotz seiner siebenseitigen Begründung, auf
die weder Schulleitung noch Schulamt geantwortet haben, und trotz seiner
erneuten Teilnahme am Unterricht ("unter Protest") wurde der Schüler
schließlich von der Schule ausgeschlossen. Eine Klage gegen diese
"Ordnungsmaßnahme" hatte zur Folge, daß das Landesschulamt
den Schulausschluß wieder zurücknahm. Der Schüler sollte
im Gegenzug weiterhin am Unterricht teilnehmen, bis das Gericht grundsätzlich
entschied, ob Schüler mit Begründung Unterrichtsfächern
fernbleiben dürften. Das Gerichtsverfahren stieß auf großes
Interesse der Medien, da ein positiver Bescheid zur Folge gehabt hätte,
daß andere Schüler sich dem Beispiel Benjamin Kiesewetters anschließen
würden.
Das Berliner Verwaltungsgericht entschied dann im Februar gegen eine
Befreiung vom Unterricht. Der daraufhin eingereichte Antrag auf Zulassung
der Berufung wurde jetzt vom Oberverwaltungsgericht abgelehnt. Der Schüler
erhielt am Schuljahresende der 11. Klasse eine 1 in Chemie und wählte
das Fach rechtmäßig ab.
Grundsätzlich geht es den KinderRÄchTsZÄnkern in allen
ihren Aktionen um die Gleichberechtigung zwischen jungen und alten Menschen.
In vielen Bereichen würden Menschen unter 18 Jahren Grundrechte vorenthalten
werden. Die Schule sei ein extremes Beispiel dafür.
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siehe auch: http://privat.schlund.de/kraetzae/chemie.shtml
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