KinderRächtsZeitung Regenbogen
c r e a t i v · u n a b h ä n g i g · u n b ä n d i g
 | Start | Ausgaben | Kontakt |

<< zurück zur
Ausgaben-Übersicht


Ausgabe 23

Editorial
Lernen trotz Schule - Warum Pfefferminze in der Schokolade kühl schmeckt
Die Zehn Verbote
Werbung für den Antipädagogischen Rundbrief
Für Kinderrechte heißt gegen die "Kinderrechtskonvention"
Macht Schule Sinn
K.R.Ä.T.Z.Ä. sächselt [zwei Leipzigerinnen über uns]
Im Internet gut gefunden - Demokratische Schulen in den USA
Dringend gesucht: Spenden
KSZE heißt jetzt O.A.S.E.
Kölner Konferenz
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen
Zur Bundestagswahl - Parteien im Vergleich (AK Kinderrechte/Gleichberechtigung des 2. Jugendkongresses der SRzG)
An-, Ab- und Aussichten [kurze Kommentare zu kinderrechtlichen/politischen Themen]
Nicatapias 4. Kolumne
Es ist Wahlk(r)ampf ... [zur Ausländerpolitik]
Alice Miller: Wege des Lebens [Rezension]
Kinderrechtliche News
Kinderrechtliches bei der APPD
Die 68er und ihre Kinder - Ein Plädoyer gegen antiautoritäre und jede andere Erziehung

Cover Ausgabe 23
.

Alice Miller: Wege des Lebens

Das Buch handelt im Schwerpunkt von Lebensgeschichten, die Menschen einem lange nicht gesehenen Freund, einer Freundin oder auch einem Elternteil erzählen. Meist haben diese Menschen leidvolle Erfahrungen in der Kindheit gemacht, als junge Erwachsene unglückliche Ehen geführt, haben aber durch Therapien oder glücklichere Lebensumstände wie liebevolle und verständnisvolle Freunde die Ursachen ihres Unglücks und deren Folgen erkannt und mehr oder weniger erfolgreich bearbeitet.
Es geht Miller um die Erkenntnis, daß die Vergangenheit nicht zu ändern ist, daß aber die daraus resultierenden Folgen durch Erkennen und Verstehen veränderbar und eine Voraussetzung dafür sind, dem Wiederholungszwang zu entgehen. Eine ihrer Thesen ist, daß die Ursache von Hass erlebtes Grauen ist, das geleugnet wird und deshalb zur Vergeltung treibt (ausführlicher beschreibt sie dieses Thema auch in ihrem Buch "Am Anfang war Erziehung"). Sie plädiert für den Mut zur Wahrheit, denn auch ein Verzeihen ohne Erkenntnis verschleiere die eigenen erlebten Gefühle und das Verstehen der Motive der Eltern.
Nun bin ich zwar auch der Meinung, daß es nie zu spät ist, mit der Suche nach Wahrheit anzufangen. Beim Lesen der Geschichten hatte sich aber bei mir die Idee festgesetzt, daß es doch noch sinnvoller wäre, so früh wie möglich damit anzufangen, als JugendlicheR, wenn die Erinnerungen noch frisch sind, wenn die leidvollen Erfahrungen nicht schon wieder verbannt werden (müssen) durch eigene Zwänge, in denen man vermeintlich steckt, wie problematische Partnerschaften, Überforderung und unglückliche Erziehungsversuche an den eigenen Kindern.
Der Wunsch, es einmal besser machen zu wollen, reicht allein nicht aus. Den hatte wahrscheinlich irgendwann jeder einmal.
Ich plädiere deshalb für eine aktive und bewusste Auseinandersetzung über Kindheitserlebnisse im jugendlichen Alter, nicht im Sinne von Anklage, die nichts verändern kann, sondern im Sinne von Erinnern und Erzählen von Erlebnissen und Gefühlen, von Fragen stellen können, Zuhören und Verstehen wollen.
Im Epilog prangert Miller das Schlagen von Kindern an. So richtig ich dies finde, vermisse ich doch ihre Verurteilung jeglicher Gewalt - Erziehung genannt - und ein Aufzeigen einer Alternative - das gleichberechtigte Zusammenleben von Eltern und Kindern in Folge der Antipädagogischen Aufklärung, von deren Existenz sie weiß.
Trotzdem ist "Wege des Lebens" ein lesenswertes Buch, eine Aufforderung, sich der Leiden, die man als Kind erfahren hat, zu stellen, um den Folgen nicht ausgeliefert zu sein.

Dagmar Kiesewetter

Alice Miller: "Wege des Lebens - Sieben Geschichten", Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1998

.