<< zurück zur Ausgaben-Übersicht
Ausgabe 19
|
Über unser vierwöchiges Treffen mit der Bewegung der arbeitenden
Kinder
Aufgrund der sozialen und wirtschaftlichen Lage sind viele Familien
darauf angewiesen, daß die Kinder zum Lebensunterhalt beitragen.
Das hauptsächliche Ziel unserer Reise vom 5. Juli bis 4. August 1996
nach Nicaragua war der Austausch mit dem movimiento infantil, der Bewegung
der arbeitenden Kinder Nicaraguas. Zum movimiento, das z.Z. aus 53 Projekten
verschiedener Städte besteht, gehören etwa 4000 NATRAS - Niños,
niñas y Adolescentes TRAbajadoreS (arbeitende Kinder und Jugendliche).
Die NATRAS fordern das Recht auf Arbeit, sowie die Anerkennung ihrer Arbeit,
eine kostenlose Schulbildung, kostenlose Gesundheitsversorgung,
Schutz vor Mißhandlung und einfach die Anerkennung und Durchsetzung
ihrer Rechte.
Wir, 20 KinderRÄchTsZÄnker, 17 Jugendliche und drei "Erwachsene",
teilten uns auf drei Orte (Managua, Estelí und Somoto) auf, um dort
an verschiedenen Projekten zu arbeiten. Wir wurden in Familien der NATRAS
untergebracht.
Die Gruppe, die in der Hauptstadt Managua blieb, hatte vor, zusammen mit
den NATRAS vom CJCC-Managua ein Wandbild zu machen. Die Gruppe in Estelí
nahm zusammen mit Kindern und Jugendlichen vom INPRHU (INstitución
de PRomoción HUmana) Estelí und vom Centro San Juan Bosco
aus Honduras an einem Seminar über Kinderorganisationen teil. Des
weiteren erarbeiteten wir zusammen mit den Nicas und Hondureños
eine zweisprachige (spanisch-deutsche) Kinderrächtszeitung. Die Vierergruppe,
die nach Somoto ging, arbeitete zum Thema Schule und unternehmerisches
Wirken von Kindern.
Zwischendurch nahmen wir drei Tage lang am einwöchigen IV. Encuentro
Regional del Movimiento de niños, niñas y adolescentes trabajadores
de Centro America, el Caribe y Mexico, also dem 4. Treffen der arbeitenden
Kinder Zentralamerikas, der Karibik und Mexicos, teil. Dort ging es z.B.
darum, wie die Kinderorganisationen der anwesenden Staaten (Costa Rica,
Nicaragua, Honduras, Guatemala und Mexico) gestärkt werden könnten,
deren zentrale Forderung die Anerkennung der Arbeit der Kinder ist. Sie
wenden sich also gegen das Kinderarbeitsverbot, das von vielen Organisationen,
z.B. von UNICEF, gefordert wird.
Am Wochenende 27./28. Juli trafen wir uns zu einem Kinderrechte-Seminar
in Estelí. Teilnehmer waren 34 nicaraguanische Kinder und Jugendliche
aus den drei Projekten (CJCC-Managua, INPRHU Estelí, INPRHU Somoto),
von der CON (Comisión Organisación Nacional), dem Comité
ejecutivo, dem MPJ, den Cumiches (einem Kinderradio in Estelí),
sowie wir KinderRÄchTsZÄnker und Manfred Liebel aus Berlin, der
seit längerem in Managua das Movimiento unterstützt. Auf dem
Taller de Derechos Infantiles, das unter dem Motto "Wir fordern Gleichberechtigung"
stand, ging es in drei Arbeitsgruppen um unsere Situation in den Bereichen
Kinderarbeit, Schule/Familie und Partizipation. Im weiteren untersuchten
wir, warum die Situation so ist, wie sie uns gefallen würde und wie
wir dies erreichen können. Am Sonntagnachmittag wurde noch eine Abschlußerklärung
ausgearbeitet.
Nach dem Seminar war unsere kinderrechtliche Arbeit in Nicaragua fast beendet.
Am Montag fuhren wir nach Poneloya an den Pazifik. Danach fuhren wir nach
Managua, wo die eine Gruppe noch an ihrem Wandbild weiterarbeitete, das
aufgrund von organisatorischen und anderen Problemen erst ziemlich spät
begonnen und letztendlich auch nicht mehr fertig wurde.
Am Donnerstag, den 1. August, unserem letzten Tag vor dem Abflug in Richtung
Europa, wurde am Rande einer Abschlußfeier, über den geplanten
Rückaustausch im nächsten Jahr geredet. Das heißt, daß
nächstes Jahr NATRAS aus den Projekten zu uns nach Deutschland kommen,
damit sie auch unsere Situation hier in Deutschland besser kennenlernen
und verstehen können.
Die Zusammenarbeit zwischen dem Movimiento infantil und uns wird natürlich
fortgesetzt. Vielleicht werden unsere Forderungen nach dem Wahlrecht ohne
Altersgrenze und der Abschaffung der Schulpflicht
bald auch in Nicaragua diskutiert, und hier könnte eine neue Diskussion
über Kinderarbeit beginnen.
Martin Wilke
Kinderarbeit - Mehr Verbote und weniger Rechte zum Schutz von Kindern?
Die Arbeit der Kinder in Nicaragua
|