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Ausgabe 22
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Umfrage: Jeder Vierte gegen Schulpflicht
Mehrheit mit Schulsystem nicht zufrieden
Von Mitte Januar bis Anfang März 1998 machte ich eine Umfrage zum
Thema Schule unter 219 Schülern an sieben Prenzlauer Berger Schulen,
zwei Gymnasien, zwei Gesamtschulen, zwei Realschulen und einer Real- und
Hauptschule. Insgesamt gingen 30 Schüler in die 11. bis 13. Klasse,
98 in die 9. und 10. Klasse, und die restlichen 91 Schüler waren achte
Klasse oder jünger. Von den 83 Gymnasiasten, 72 Gesamtschülern,
61 Realschülern und drei Hauptschülern wollte ich wissen, ob
sie gern zur Schule gehen, ob sie von Lehrern ungerecht behandelt werden,
ob sie sich gegebenenfalls dagegen wehren und ob sie sich (öfter)
wehren würden, wenn sie Unterstützung dabei hätten. Die
letzten beiden Fragen waren wieder grundsätzlicherer Art. Ich fragte,
ob sie mit dem jetzigen Schulsystem insgesamt zufrieden sind und ob sie
dafür sind, die Schulplicht durch ein Recht auf selbstbestimmte Bildung
zu ersetzen.
Große Unterschiede gab es teilweise nicht nur zwischen den einzelnen
Schultypen, sondern auch zwischen Schulen des gleichen Schultyps.
Insgesamt geht eine knappe Mehrheit von 38% nicht gern zu Schule. 37%
der Schüler gehen durchaus gern zu Schule, auch wenn das – wie mehrere
Schüler betonten – nicht an der Schule selbst liege, sondern an den
Freunden, die sie dort treffen. Ein Viertel konnte sich nicht so recht
zwischen "Ja" und "Nein" entscheiden und wählte deshalb "Naja". Am
ehesten gern zur Schule gehen die Realschüler, nämlich zu 51%,
"nur" 28% haben eher schlechte Gefühle beim Schulbesuch. Umgekehrt
ist das Verhältnis bei den Gesamtschülern: 26% zu 57%. Die Gymnasiasten
gehen wieder eher gern zu Schule, und zwar zu 37% bei 28% Ablehnung und
35% Unentschlossenheit.
Unter den befragten Schülern waren 41%, die von ihren Lehrern
"nie" ungerecht behandelt wurden. 21% wurden "selten", 30% "manchmal" und
9% "oft" ungerecht behandelt. 30% wehren sich "nie" oder "selten" dagegen,
28% "manchmal" und 42% "oft" oder "immer". Wenn sie Unterstützung
hätten, würden sich 81% überhaupt bzw. öfter wehren.
Schüler, die sich nicht ungerecht behandelt fühlen, gehen durchschnittlich
lieber zur Schule. An der dritten Realschule beispielsweise fühlen
sich 75% nie ungerecht behandelt, 70% gehen gern zur Schule. An der Martin-Luther-King-Gesamtschule
werden 37% der Schüler "oft" und 27% "manchmal" unfair behandelt,
77% gehen ungern zur Schule.
Die relative Mehrheit der Schüler ist mit dem jetzigen Schulsystem
unzufrieden, nämlich 49%, 15% sind unentschieden und eine Minderheit
von 37% zeigte sich zufrieden.
Ein knappes Viertel, nämlich 53 Schüler oder 24% lehnten
die Schulpflicht ab. Unter den Gymnasiasten waren es nur 14%, unter den
Realschülern 28% und unter den Gesamtschülern immerhin 32%, also
fast jeder Dritte.
Siebentkläßler gehen sehr überdurchschnittlich gern
zur Schule (59%) und sind überdurchschnittlich zufrieden mit den Schulsystem
(64%), während sich die Achtkläßler nur zu 18% eine Schule
gern von innen ansehen und nur 37% das Schulsystem in Ordnung finden, 59%
es aber nicht tun. Neuntkläßler haben zwar weniger Abneigung
gegen den Schulbesuch, aber auch nur 25% sind mit dem Schulsystem zufrieden.
Von den Zehntkläßlern finden sogar nur 18% unser Schulsystem
gut, auch wenn 47% von ihnen gern zur Schule gehen. Elft- und Zwölftkläßler
sind in beiden Fragen sehr gespalten.
An einer Gesamtschule kam es während der Umfrage zu Unregelmäßigkeit.
Eine freie Entscheidung der Befragten war dadurch nicht gerade gewährleistet.
Martin Wilke
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