KinderRächtsZeitung Regenbogen
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Ausgabe 22

Editorial
Fünf Jahre K.R.Ä.T.Z.Ä. und kein Ende?
Im Internet gut gefunden: KidWeb
Hilfe! Spendet!
Kampagne gegen Schulpflicht, Zwangsdienste und Erziehung
Antipädagogischer Rundbrief
Kinderarbeit verboten!?
Neue Leute gesucht
Kinderwahlrecht: neuer Anlauf
Pressemitteilung zu Wahlrecht
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Aktionen
Umfrage zum Thema Schule
An-, Ab- und Aussichten [kurze Kommentare zu kinderrechtlichen/politischen Themen]
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Rezension: Kinderbürger
Nicotapias 3. Kolumne
Der Bildungsgutschein
"Ihr habt dieses Land nur von uns geborgt"
Informationen für Minderjährige

Cover Ausgabe 22
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Menschen- und Bürgerrechte für Kinder

Buchrezension "Kinderbürger - Über die politische Beteiligung von Kindern"

Frercks Hartwig-Hellstern beschreibt in seinem knapp 150 Seiten umfassenden Buch die kinderrechtlichen Positionen, die Möglichkeiten der Mitbestimmung von Kindern zur Zeit und den Wandel der Kindheit in unserem Industriezeitalter.
Dabei ist im 1. Teil ("Kindheit in der Industriegesellschaft") seine zentrale These, daß die Veränderungen im Bereich der Kindheit, insbesondere im Zusammenhang mit Medien, nicht rein negativ zu sehen sind, wie Postman ("Das Verschwinden der Kindheit") u.a. es wehmütig beklagen. So hätten diese Veränderungen auch dazu geführt, daß altersorientierte Hierarchien immer unglaubwürdiger würden, da viele Kinder in Sachen Technik den Eltern schon vieles voraushaben. Heute sei es nicht mehr so uneingeschränkt möglich, jungen Menschen Informationen vorzuenthalten – und dies sei nicht zuletzt auch ein Verdienst des Fernsehens. Hartwig-Hellstern:
"Der Wandel in den Erziehungseinstellungen und das ‘Selbsterleben’ der Kinder als kleine Erwachsene mit Kompetenzvorsprüngen gegenüber den Erwachsenen (Kreativität, Phantasie, sozial verträgliche Konfliktlösungsstrategien, relative Unabhängigkeit von materialistischen Überlegungen) und schwindende Kompetenzvorsprünge der Erwachsenen in traditionellen Erwachsenenressorts (Medien, neue Technologien, Erkennen von globalen Zusammenhängen) scheinen einen Rückfall in den pädagogischen Totalitarismus unmöglich zu machen." (S. 143f.)
Generell vertritt Hartwig-Hellstern die Gleichberechtigungsforderung der Antipädagogik, nach der Kinderschutz nicht bedeuten darf, Kinderrechte einzuschränken, sondern ihnen ihre Rechte endlich zuzugestehen:
"Es ist nicht nachvollziehbar, warum es im Zusammenhang mit dem Kinderschutz eine Einschränkung der Rechte von Kindern geben soll." (S. 65) "(Es) bedarf (...) keiner spezifischen Kinderrechte, sondern der Gültigkeit der Grund- und Menschenrechte für alle Generationen." (S. 66)
"Kinder kommen in erster Linie als das vor, was sie werden sollen, nicht aber als das, was sie sind", so Hartwig-Hellstern. Deshalb ist ein Umdenken in allen Bereichen, wo es um Kinder geht, notwendig. Die Schule spielt natürlich eine entscheidende Rolle:
"Der Absolutheitsanspruch der institutionalisierten Erziehung in der staatlich kontrollierten Schule weist Parallelen zur Stellung der Kirche im Mittelalter auf." (S. 55) "In einer demokratischen Gesellschaft muß Bildung mit Selbst- und Mitbestimmung verbunden werden." (S. 59) "Die radikale Schulkritik kritisiert in der Konsequenz die Demokratiefeindlichkeit der Schulpflicht und plädiert stattdessen für ein ‘Recht auf Bildung’. Die staatliche Kontrolle beschränkt sich in der Folge auf die Gewährleistung dieses Rechts." (S. 60f.)
Im zweiten Teil des Buches geht Hartwig-Hellstern auf die Möglichkeiten der Partizipation von Kindern und Jugendlichen ein ("Die Institutionalisierung von Lobbyisten..." und "Politik mit und von Kindern"). Dabei gibt er einen guten Überblick über all die bestehenden Institutionen (von Kinderanwälten über Kindergipfel zu Kinderparlamenten) und stellt sie auf den Prüfstand. Zum Ende wird die Forderung eines Wahlrechts ohne Altersgrenze erhoben.
Das Buch hat auch einige Schönheitsfehler, die man eigentlich zur zweiten Auflage hätte verbessern können. Damit meine ich weniger, daß die Fußnoten mit Nr. 36 beginnen, sondern eher Zitate von Hubertus v. Schoenebeck und in Folge dessen Behauptungen der Art, daß Wahrheit eine rein subjektive Kategorie sei. Nach der Aufklärung über die Gewaltideologie Schoenebecks durch Ekkehard v. Braunmühls neues Buch (übrigens im selben Verlag erschienen) sollte man solche Stellen im Buch überarbeiten.
Insgesamt ist "Kinderbürger" aber ein sehr empfehlenswertes Buch. Es ist schön kurz und schafft gerade für neu am Thema Interessierte einen guten Überblick über Forderungen und Themen der Kinderrechtler und Kinderpolitiker.

Benjamin Kiesewetter

Frercks Hartwig-Hellstern:
"Kinderbürger – Über die politische Beteiligung von Kindern",
Kid-Verlag Bonn,
Erscheinungsjahr nicht angegeben – aber relativ neu, 2. Auflage 1997,
DM 16.-, im Buchhandel erhältlich oder direkt beim Kid-Verlag,
Samansstr. 4, 53227 Bonn.

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