KinderRächtsZeitung Regenbogen
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Ausgabe 18

Editorial
Das Restaurant am Ende des Universums [Fortsetzung von "Per Anhalter durch die Galaxis"]
Verfassungsbeschwerde nicht angenommen
Lernen trotz Schule
Eine Reise
Über Janusz Korczak
Geschlechterdiskussion [über "Mythos Männermacht"]
Lesermeinung
Kinderarbeit
Gefangen Teil 2
Aufgelesen
An-, Ab- und Aussichten [kurze Kommentare zu kinderrechtlichen/politischen Themen]
HÖRmal!
Schulpflicht-wozu?
Schulbücher [drei Bücher über Schule]
Der Roboter
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Veranstaltungen
Horoskop
Schulbrief
Zum Schluß

Cover Ausgabe 18
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DER ROBOTER

Müde und durstig gehe ich meinen täglichen Weg nach Hause. Ich bin eine Maschine. Mein Herz ist eine Schraube, mein Mund ein Sprechmechanismus. Ich antworte monoton auf alle Fragen, die man mir stellt. Meine Träume habe ich fast vergessen. Nur dunkel erinnere ich mich an Freiheit und Hoffnung. Doch ich kann diese Begriffe nicht mit meinem Leben vereinbaren. Der Chef mag es nicht, wenn ich nachdenke. Manchmal bin ich dabei auf dumme Gedanken gekommen. Einmal wollte ich mehr Lohn, ein anderes Mal wollte ich tatsächlich verhindern, daß der Giftmüll meiner Fabrik in die Spree fließt. Dumm, nicht? Ich habe mir damals gar nicht überlegt, daß die Abwässer ja nirgendwo anders hinfließen können. Gott sei Dank habe ich so einen netten Chef, der mir dies erklärt. Damit ich nicht nochmal auf so blöde Gedanken komme, denke ich erst gar nicht. Das ist für alle Beteiligten besser so. Ich war zehn Jahre lang in der Schule. Das war die Hölle: Sechs Stunden am Tag mußte ich in einem muffigen Klassenzimmer sitzen und mir Sachen anhören, die mich einen Scheißdreck interessierten. Aber was beschwere ich mich?! Woanders wären die Kinder froh, wenn sie in die Schule gehen könnten, nicht wahr? Das ist doch so. Ich merke schon, ich habe schon wieder nachgedacht. Meine Schraube tickert aufgeregt. Häufig kommen viele Neuigkeiten auf einmal und ich kann sie nicht so schnell verarbeiten. Weil ich nämlich dumm bin, hat mir mein Chef erklärt. Der ist ein kluger Mensch, er weiß sehr viel und erklärt es mir. In meiner Fabrik wird Waschmittel hergestellt. Früher habe ich den Geruch noch wahrgenommen. Jetzt riecht meine Nase nichts mehr. Sie ist ein unnützes Objekt in meinem Gesicht. Ich bin nämlich eine Maschine. Mein Kopf ist ein Computer, IBM-Software vom Feinsten. Mein Herz ist eine Schraube. Man hat die Schraube nur hineingetan, weil sich bei mir ein Loch anstelle des Herzens befand. Mein Sprechmechanismus gefällt mir. Die Leute reagieren auf die Worte, die er sagt. Sie schütteln den Kopf oder tätscheln meine Hand. Ich mag diese Leute, glaub ich. Ich hatte auch einmal eine Frau. Ich kann mich aber nicht mehr an sie erinnern. Sie ging weg von mir, als ich sie heiraten wollte. Sie war sehr schäbig, hat mir mein Chef erkärt. Er meint, er hätte sowas auch zu Hause sitzen. Ich glaube, er mag keine Frauen. Meine Mutter mag ich, glaube ich. Sie gehört zu meinem Alltag. Heute kocht sie Rouladen. Sie sagt, die schmecken gut. Ich merke schon längst nichts mehr. Wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich gerne schmecken können. Mutter meint, jeder kann schmecken und ich soll mir nichts einbilden. Ich weiß überhaupt nicht, wie das geht. Einbilden...

Sue Hermenau

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