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Ausgabe 18

Editorial
Das Restaurant am Ende des Universums [Fortsetzung von "Per Anhalter durch die Galaxis"]
Verfassungsbeschwerde nicht angenommen
Lernen trotz Schule
Eine Reise
Über Janusz Korczak
Geschlechterdiskussion [über "Mythos Männermacht"]
Lesermeinung
Kinderarbeit
Gefangen Teil 2
Aufgelesen
An-, Ab- und Aussichten [kurze Kommentare zu kinderrechtlichen/politischen Themen]
HÖRmal!
Schulpflicht-wozu?
Schulbücher [drei Bücher über Schule]
Der Roboter
K.R.Ä.T.Z.Ä.-Veranstaltungen
Horoskop
Schulbrief
Zum Schluß

Cover Ausgabe 18
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Für eine neue

Geschlechterdiskussion!

Die beiden Regenbogen-Redakteure Benjamin Kiesewetter und Sophie Schweinfurth streiten sich über das Buch "Mythos Männermacht" von Warren Farrel:

Ist Männermacht ein Mythos, Sophie?

Ja, nach der Lektüre dieses Buches kann ich dem zustimmen. Aber von wem ist er geschaffen worden?

Daß die Männer die Macht haben, ist doch ein allgemeines Vorurteil. Ich nehme mal an, daß es zuerst von der feministischen Szene genannt worden ist. Das ursprüngliche Ziel dieses Feminismus, die Gleichstellung der Geschlechter, ist doch aber inzwischen untergegangen in einem Anti-Männer- Sexismus, oder nicht? Unabhängig aber davon, wer ihn geschaffen hat, geht es doch jetzt darum, ihn abzuschaffen und die "gegenseitige Versklavung der Geschlechter", wie Farrel es so schön sagt, zu beenden.

Was die Abschaffung betrifft, stimme ich dir zu. Wir sollten uns langsam aber sicher auf eine wirkliche Akzeptanz und Gleichstellung beider Geschlechter zubewegen, anstatt uns gegenseitig zu verteufeln. Die Frauenbewegung hat dadurch auch ihr eigentliches Ziel aus den Augen verloren. Der Anti-Männer-Sexismus ist allerdings meiner Meinung nach noch nicht so groß wie der Anti-Frauen- Sexismus.

Ach, und wie stellst du dir dann das Phänomen vor, daß ich in vier Jahren zur Armee einberufen werde (im Gegensatz zu dir) - und zwar durch ein ganz klar sexistisches Gesetz, das gegen die Gleichberechtigung verstößt? In sämtlichen Postämtern der USA hängt (laut Farrel) eine "Erinnerung" an die Wehrpflicht mit dem tollen Spruch "Ein Mann tut, was ein Mann zu tun hat". Farrel bittet die Leser sich ein öffentliches Plakat mit einer schwangeren Frau vorzustellen mit dem Spruch: "Eine Frau tut...". Solche offensichtlich diskriminierenden Gesetze wie die Wehrpflicht oder schon allein diese Plakate gibt es für das weibliche Geschlecht m.E. nicht (mehr?), weil Frauen ja geschützt werden müssen... oder siehst du das anders?

Erstens, mit oder ohne Frauen in der Armee, hat die Wehrpflicht primär etwas mit politischer Ideologie zu tun, zweitens ist das natürlich Sexismus und zwar gegenüber Frauen. Es handelt sich hierbei um ein über Jahrtausende hinweg praktiziertes Prinzip "Frauen kämpfen nicht - sie müssen beschützt werden". Keiner hat bis zu Beginn der Emanzipation je etwas anderes zu denken gewagt, weil es unmöglich war, sich die Frau außerhalb der Küche als handelndes Wesen vorzustellen. Eine schwangere Frau auf ein Werbeplakat für eine Instution, deren Aufgabe es ist, zu töten, zu drucken, wäre reine Ironie.

Farrel meint das Plakat natürlich nicht als Werbung für die Armee, sondern für den Nachwuchs! Und das deiner Meinung nach sexistische Prinzip "Frauen kämpfen nicht - sie werden beschützt" wenden nahezu 100% der Frauen ja auch in den Staaten (wie z.B. den USA) an, in denen sie kämpfen dürfen. Und selbst wenn sie sich melden, können sie entscheiden, bei einem Kampfeinsatz dabei zu sein oder nicht - trotz gleicher Bezahlung. Farrel gibt zu diesem Prinzip ja Zitate an, so sagt z.B. der Verteidigungsminister unter Reagan, eine Frau sei "für einen Kampfeinsatz viel zu kostbar" und Sandra (weiblich!) Day O'Connor vom Obersten Gerichtshof in den USA sagt: "Es ist nichts für eine Frau, bei einem Kampfeinsatz dabeizusein... gefangengenommen oder erschossen zu werden, sie kann aber durchaus irgendwo in einer Raketenbasis auf einen Knopf drücken". Was ich sagen will: Der Feminismus hat sich sehr darum bemüht, Frauen mehr Möglichkeiten zu beschaffen und ihnen sogar einige Vorrechte erkämpft, für die Gleichberechtigung in dieser Hinsicht hat er sich (so weit ich weiß) nicht eingesetzt. So kann es sich eine gewisse Jodie Foster deswegen auch leisten, zu sagen, Männer seien Rambos und Frauen hätten niemals in Vietnam Städte in die Luft gejagt. Während nämlich genau diesen Krieges hat Frau Foster ihre Schauspielkarriere gewaltig gefördert - nahezu gleichzeitig mußte Muhammad Ali auf dem Gipfel seiner Boxkarriere ins Gefängnis, weil er sich weigerte, am Vietnamkrieg teilzunehmen.

Daß die Frauenbewegung sich mehr um die Vorrechte für Frauen als für die Gleichberechtigung bemüht hat, stimmt, und es war auch bitter nötig. Es ist wichtig gewesen, den Frauen diese Vorrechte einzuräumen, damit erstmal akzeptiert wurde, daß Frauen auch ein Gehirn haben, auch wenn sie z.T. nicht unbedingt förderlich für die Gleichberechtigung sein werden - den Schritt zur Gleichberechtigung müssen Männer und Frauen zusammen gehen. Farrels Argument mit der Lebenserwartung hat mich z.B. auch nur teilweise überzeugt...

...die Frauenbewegung hat es geschafft, die Lebenserwartung von Frauen seit 1920 zu verdoppeln. Gleichzeitig ist die Differenz zwischen den Geschlechtern in Sachen Lebenserwartung um 600% gestiegen - d.h. Frauen leben heute durchschnittlich 7 Jahre länger als Männer (biologische Gründe gibt es dafür nachgewiesenermaßen nicht). Seit 1920 haben Frauen immer mehr Möglichkeiten bekommen, ihre traditionelle Rolle zu verlassen, Männer haben diese Möglichkeiten größtenteils noch nicht erkämpft. Oder was ist deine Erklärung dafür, daß die Selbstmordrate der Jungen um 25.000% (!) steigt, wenn sie den Druck ihrer Geschlechterrolle zu spüren bekommen. Ein Mann tut, was ein Mann zu tun hat... Gründe für diese brutale Differenz könnten natürlich auch die "Todesberufe" sein, die Farrel erwähnt: Von den 25 gefährlichsten Jobs, sind 24 fast reine Männerjobs - je gefährlicher ein Job, desto höher der Männeranteil (gefährlich: Feuerwehr 99%, Holzfäller 98%, Kohlebergbau 97% etc. ungefährlich: Sekretär/in 1%, Rezeption 3% u.s.w.). Und dann beschweren sich die Frauen, daß sie nur schlechtbezahlte Berufe bekommen, dabei liegt der Hauptgrund dafür in der Tatsache, daß sichere Jobs und solche, die mehr zur Selbsterfüllung als zum Überleben dienen, nicht so gut bezahlt werden. Vielleicht noch ein weiterer Grund für die geringe Lebenserwartung (blink! Ironielämpchen leuchtet...): Nach einer Umfrage des Justizministerium finden es 41% der USA-Bevölkerung weniger schlimm, "wenn eine Frau ihren Ehemann ermordet als umgekehrt".

Da ist ja was Wahres dran. Deshalb könnte man ja auch eine Frauenquote bei den Todesberufen einführen. Ebenfalls bei der Bundeswehr und im Parlament natürlich auch.

Auch in Talkshows?

Das soll jetzt lustig sein, oder wie?

Naja, ich dachte... Die Frauenquote ist einer der dämlichsten (entschuldige bitte das chauvinistische Wortspiel) Fehler, die man (das war jetzt falsch, oder?) zu diesem Thema machen kann. Ich finde, man kann ruhig einsehen, daß Männer und Frauen sich unterscheiden. Wir können ja demnächst mal das Buch "Brainsex" besprechen, indem wissenschaftlich nachgewiesen wird, wie unterschiedlich schon die Gehirne von uns funktionieren. Männer sind für bestimmte Sachen einfach besser geeignet (zum Beispiel Kartenlesen) und umgekehrt Frauen natürlich auch (z.B. Charakter lesen). Eine Frauenquote (wo auch immer) erreicht nur, daß es nicht mehr um Qualität geht, sondern um Anzahl der Geschlechter. Ein qualifizierterer Mann müßte vor einer unqualifizierteren Frau zurücktreten, damit die gleiche Anzahl der Geschlechter anwesend sind. Im parlamentarischen Bereich wäre hier zwar die Interessenvertretung durch die Vertreter gewährleistet - aber was ist mit anderen Gruppierungen, wie z.B. Kindern? Kinderquote? Vielleicht noch Arbeitslosenquote? Im Bundestag? Das Wahlvolk besteht durchschnittlich aus 56% Frauen - wenn die als Vertreter Männer wählen - so sollte man dies respektieren.
Noch 'ne andere Frage: Wie hat dir Mythos Männermacht eigentlich abschließend gefallen?

Also erstmal: Die Frauenquote ist nicht dämlich!! Was meinst du wieviel unqualifizierte Männer in den Büros und wieviel qualifizierte Frauen auf der Straße sitzen, weil man sich einfach lieber auf einen Mann verläßt, bei dem man wenigsten weiß, woran man ist (Ist das ironisch?) als daß man sich auf eine Frau verläßt, die sich noch nie in einem Beruf in einer Führungsposition bewährt hat, einfach weil sie die Möglichkeit noch nicht hatte.Wenn es eine Frauenquote gäbe, müßten wenigstens nicht Männer über das Abtreibungsrecht bestimmen, wenn es eine Frauenquote gäbe, müßte der "Spiegel" wenigstens nicht in jeder fünften Ausgabe über das Wunder der Frauen in der Politik berichten. Das Argument, wenn Frauen Männer wählen, sollte man diese auch respektieren, ist total behämmert. Wenn einfach nicht genug Frauen da sind, die man wählen kann, bleibt einem in Endeffekt nichts anderes übrig. Zu Mythos Männermacht: Erstens gutes Buch, das viele Denkanstöße beinhaltet und einen viele Dinge neu überdenken läßt, zweitens möchte ich mich der Meinung Farrells anschließen: Das Hindernis zur wirklichen Gleichberechtigung ist die Unfähigkeit beider Geschlechter zu einem offenen Dialog. Jetzt gilt es diesen Dialog zu führen, sich einander Mut zu machen und sich nicht hinter falschen Vorurteilen zu verstecken.

Ich seh schon die Diskussion muß weitergehen und unser Artikel zuende. Und da ich sowieso schon mehr geredet habe... typisch Mann! Ich habe übrigens letztens im Focus über das MAS (Männer-Antwort-Syndrom) gelesen. Demnach antworten Männer immer - auch wenn sie nicht gefragt wurden. Hihi. Ich fand übrigens das Buch vor allem deswegen so gut, weil wir einen erheblichen Informa-tionsmangel haben und deswegen oft mit Vorurteilen diskutieren. Ich wußte vor dem Lesen jedenfalls nicht, daß Männer drei Mal so oft Opfer von Gewalttaten werden wie Frauen, daß jährlich 1 Mio. Männer allein in Gefängnissen vergewaltigt werden, und demgegenüber 120.000 Frauen jährlich insgesamt. Ebenfalls hatte ich keine Ahnung über die Gefährlichkeit des Müllmann-jobs (auch ein "Todesberuf") - vielleicht schaue ich Müllmänner in Zukunft auch eher an wie schwangere Frauen. Müllmänner machen unseren Dreck weg und gehen dabei ein enormes Risiko ein - dafür verdienen sie nicht Verachtung sondern Anerkennung.

Wer hat jetzt eigentlich in unserem Streit gewonnen?

Na ich! Neenee, die Gleichberechtigung von mir aus...

...und die neue Diskussion um die Geschlechterrollen.

Und allen sei natürlich Warren Farrels "Mythos Männermacht" sehr empfohlen!

Auch im Regenbogen soll in Zukunft weiter über das Thema gestritten werden. Deswegen...

schreibt uns, Leser und Redakteure! Wir drucken's ab...

...wenn wir wollen.

Ach so?

Ich möchte übrigens das letzte Wort haben, du hast schließlich angefangen.

Na gut.

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