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Ausgabe 18

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HÖR MAL!
Neue Hörspiele für Zuhörer. Diesmal: "Sofies Welt"
Als Jostein Gaarders "Sofies Welt" 1994 das Buch des Jahres
wurde, nachdem es monatelang auf den Betsellerlisten ganz oben stand, traute
sich endgültig keiner mehr an die Kritik. Daß das ursprünglich
für Jugendliche gedachte "versteckte Philosophielehrbuch"
dann letztlich doch durch seine Erwachsenenleserschaft so erfolgreich geworden
ist, und daß selbst die Älteren nicht ganz so philosophiebesessenen
einige Schwierigkeiten mit den kapitelweise überlieferten Geschichts-informationen
über die Philosophen hatten, wurde von denen vergessen, die das Buch
geschafft hatten. Es handelt sich hierbei zwar um einen ganz schönen
Brocken, aber um einen total spannenden und wahnsinnig interessanten -
nicht zu vergessen. Ein Hörspiel kann genau diese Schwierigkeit, die
sicherlich nicht wenige mit dem Buch hatten, überwinden. Und das hat
Regisseur Hartmut Kirste eindeutig geschafft: An keiner Stelle des fast
siebenstündigen Hörspiels läßt die Spannung nach;
die Philosophielektionen bekommt man erzählt und nicht gelehrt.
Sicherheitshalber stelle ich die Geschichte kurz dar: Anfangs bekommt
Sophie Amundsen ja noch einfache Briefe mit komischen Fragen: "Wer
bist du?" oder "Warum sind Legosteine das genialste Spielzeug
der Welt?". Gleich darauf gibt es immer eine kleine Philosophielektion
von Sokrates, seinem Schüler Platon oder Aristoteles. Später
sind es schon Videos - live aus dem alten Griechenland! Und dann immer
diese Postkarten mit Geburtstagsgrüßen an eine gewisse Hilde,
deren Schal sich dann plötzlich unter Sophies Bett wiederfindet. Später
lernt sie dann Alberto Knox - den Philosophen - kennen, ebenso Darwin,
Marx und Freud. Die Geschichte wird immer verwirrter, bis sich kurz vor
dem Ende etwas herausstellt, das Sophies Leben absolut verändert.
Schaffen es Sophie und Alberto, dem Buch zu entkommen?
Diejenigen, die das Buch immernoch nicht gelesen haben und diejenigen,
die beim Lesen nicht mehr konnten und aufgehört haben, bekommen durch
das faszinierende Hörspiel bestimmt (nochmal) Lust darauf. Für
allgemeine Büchermuffel ist das akustische Medium allerdings ebenfalls
geschaffen. Es braucht überhaupt kein Zweifel daran zu bestehen, daß
man die Kassette - und damit jedes Detail dieser einzigartigen Geschichte
- auch versteht, wenn man das Buch nicht gelesen hat und es vielleicht
auch nicht vorhat. Die Stimmen (hauptsächlich von Gunda Aurich und
Matthias Habich) sind angenehm zu hören - nicht übertrieben,
sondern überzeugend. Nach dreieinhalbmonatiger Produktionszeit sind
die 16 Folgen auf acht MCs zu einem wunderschönen Hörspiel geworden.
(HÖRverlag, DM 98)
Benjamin Kiesewetter
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