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Ausgabe 24

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Als ich vor über zwei Jahren mal beim Tag der offenen Tür
vom Berliner Abgeordnetenhaus war, unterhielt ich mich - weil ich nichts
besseres zu tun hatte - mit einem CDU-Abgeordneten und fragte ihn, was
er dafür tun werde, das Grundrecht auf Religionsfreiheit auch für
Kinder umzusetzen. Nichts. Er war dagegen, daß Kinder dieses Grundrecht
hätten. Ich fragte mich, ob die Religionsfreiheit "nur" ein Grundrecht
ist, oder ob sie ein Menschenrecht ist. Um dies herauszufinden, schrieb
ich an Amnesty International Deutschland und bekam nach einem halben Jahr
die Antwort: Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht. Und ich bekam auch
die Internetadresse von einer Seite, auf der sich die Allgemeine Erklärung
der Menschenrechte befand, deren Inhalt ich bisdahin nicht kannte. Ich
speicherte diese Seite und las mir die Menschenrechtserklärung durch.
Mir viel sofort auf, daß in der Praxis zahlreiche der dort aufgeführten
Menschenrechte für Kinder in Deutschland nicht gelten. Zu fast jedem
Artikel der Menschenrechtserklärung schrieb ich, in welchen gesellschaftlichen
Bereichen er verletzt wurde. Ich war mit meinem Werk aber nicht richtig
zufrieden. Und so lag es zahlreiche Monate unveröffentlicht rum.
Im Sommer 1998 kam mir die Idee, nicht Artikel für Artikel mit
der Wirklichkeit zu vergleichen, sondern andersrum die wichtigsten Lebensbereiche
von Kindern und Jugendlichen mit der Menschenrechtserklärung zu vergleichen.
Nach weniger als zwei Monaten hatte ich ein umfassendes Werk erstellt,
in dem die Bereiche "Altersgrenze beim Wahlrecht", Schule, "Elterliche
Übermacht und Erziehung" sowie "Kinder- und Jugendschutz" auf Widersprüche
zur Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte untersucht werden. Zudem
hatte ich einen Text geschrieben, der begründet, warum die Gleichberechtigung
des Kindes menschenrechtlich notwendig ist. Das Gesamtwerk erhielt den
Namen "Die Diskriminierung des Kindes - ein Menschenrechts-Report".
... und was wir mit ihm machten
Ein passender Anlaß, den Menschenrechts-Report zu veröffentlichen,
war der 10. Dezember 1998. Dies war der 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung
der Menschenrechte, welche ja als Grundlage für den Report diente.
Zunächst hatten wir vor, ihn an den neuen Bundestagspräsidenten
Wolfgang Thierse oder den Menschenrechtsbeauftraften Gerd Poppe zu übergeben.
Beide hatten aber am 10. Dezember bzw. in den Tagen davor keine Zeit oder
waren in Bonn.
Sehr kurzfristig fragten wir beim Bundespräsidialamt an, ob es
möglich sei, unseren Menschenrechts-Report dem Bundespräsidenten
Roman Herzog zu übergeben und durch ihn kommentieren zu lassen. War
es aber nicht.
Als Ersatz wurde uns nach einigem Verhandeln der Referent en für
Jugend im Bundespräsidialamt, Volker Schürmann, angeboten. Wir
nahmen das Angebot an, da der 10. Dezember immer näher rückte
und wir etwas brauchten, was für die Medien filmbar und fotografierbar
war.
Die von uns erarbeitete Pressemitteilung faxten wir an 160 Journalisten,
Presseagenturen, Zeitungen, Fernseh- und Radiostationen.
Am 10.12. gingen dann 22 Leute von uns zum Bundespräsidialamt.
Nachdemwir über 20 Minuten in der Kälte gestanden hatten, durften
wir gnädigerweise ins Foyer des 90-Millionen-Baus. Dort nahm Herr
Schürmann unseren Menschenrechts-Report entgegen, mit der Behauptung
Herzog werde ihn lesen. Wer’s glaubt ...
Pressereaktionen gab es so gut wie keine.
Schade.
Martin Wilke
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