<< zurück zur Ausgaben-Übersicht
Ausgabe 24

|
Nix ist ohne Geld
alles Mist
"Es tut uns leid, Ihnen keinen anderen Bescheid ausstellen zu können."
So steht es lapidar am Ende des Ablehnungsschreibens aus der Jugend-Verwaltung
Prenzlauer Berg, das uns Ende Dezember erreichte.
Damit steht das Kinderrechtsprojekt des Netzwerk SPIEL/KULTUR - so
lautet die offizielle Bezeichnung des Antragstellers - vor einem sehr großen
Problem. Letzten Sommer erhielten wir noch aus den Händen des Präsidenten
des Berliner Abgeordnetenhauses, Prof. Herwig Haase, den 1. Preis für
das innovativste Jugendprojekt Berlins, der von der überparteilichen,
staatlichen Jugend- und Familienstiftung Berlin jährlich vergeben
wird. Und jetzt: Keine Miete, keine Telefonkosten, keine Verbrauchsmaterialien,
keine Personalkosten, nix!
Dabei arbeiten wir seit Jahren sehr wirtschaftlich und erfolgreich.
Jedes Jahr haben wir zwischen 30 und 50 Prozent unserer Gesamtausgaben
aus anderen Quellen als der Bezirksamtförderung beschafft. Sowohl
angesehene Stiftungen als auch viele spendende Einzelpersonen fanden uns
unterstützenswert. Unser kleiner Laden am Helmholtzplatz mitten im
Prenzlauer Berg wird von Anfang an mit weniger als 50% vom Staat bezahlt.
Für ein offenes Jugendprojekt, in dem sich wöchentlich fünfzig
bis sechzig* Jugendliche treffen, ist das eh’ ungewöhnlich wenig.
Selbst mit dem Bauspielplatz, der einen fünffach größeren
Etat hatte als wir, können wir in einem rein zahlenmäßigen
Vergleich mithalten.
Interessant ist darüberhinaus auch die Tatsache, daß mit
dem amtlichen Aus für das K.R.Ä.T.Z.Ä.-Projekt im Bezirk
von Mitbestimmungsinitiativen und der sogenannten Politischen Jugendbildung
nicht mehr viel übrig geblieben ist. Anstatt sich mit den deutlichen
Erfolgen unserer Gruppe zu schmücken und die von uns angestrebte Aufklärung
über die Benachteiligung von Kindern in dieser Gesellschaft zu unterstützen,
wurde dieser Schwerpunkt im Bezirk vollständig gestrichen. Nun gibt
es nur noch eine staatliche "Koordinierungsstelle Kinder- und Jugendpolitik".
Auch im 1998 gegründeten "Arbeitskreis Politische Jugendbildung" fällt
mit unserem Ausscheiden ein Projekt im Bezirk weg, in dem konkrete Aktionen
der politischen Bildung organisiert werden. Was aus dem "Arbeitskreis"
zukünftig dem Jugendhilfeausschuß in Sachen politische Bildung
berichtet wird - darauf kann man gespannt sein.
Natürlich weiß jeder, der uns kennt, daß wir kein
"Projekt der politischen Jugendbildung" sind, jedenfalls nicht nur. Im
glatten Widerspruch zu unserem Zuwendungsantrag ("offene themenzentrierte
Jugendarbeit") wurden wir 100%ig dieser Kategorie zugeordnet. Den
Rest gab uns dann der pure Formalismus. In Zeiten knapper Kassen ist nach
Ansicht unserer Politiker und ihrer Verwaltung nicht nur die KRÄTZÄ-Arbeit
überflüssig, sondern sogar die komplette Politische Jugendbildung.
Unser Antrag auf eine Basisfinanzierung unseres Ladens vom April ‘98,
der jetzt abgelehnt wurde, belief sich auf 130 000 DM. Das sind 1,5 Personalstellen,
Miete, Verbrauchsmaterialien (Toner, Papier), Telefon, Briefmarken. Nicht
enthalten sind Investitionen (z.B. Computertechnik), Fahrten, spezielle
Drucksachen und Aktionen aller Art. Diese hätten wir - wie bisher
- sowieso woanders beantragt. Wenn man - wie üblich - zusätzlich
ehrenamtlich arbeitet, käme man mit 90 000 DM Grundkosten über
die Runden. Diese Summe durch einzelne Stiftungsanträge zusammenzubekommen,
ist sehr mühselig und außerdem unsicher. Die beiden Erwachsenen,
die einen Teil ihres Einkommens bisher aus der Projektfinanzierung erhielten,
müssen sich jedenfalls vorläufig anders durchschlagen - jobben,
Arbeitsamt, ...
Langer Rede kurzer Sinn: Wir stellen jetzt Anträge beim Senat
(wegen Geldknappheit abgelehnt) und verschiedenen Stiftungen. Das Deutsche
Kinderhilfswerk gab bereits 3 000 DM für Miete.
Wer es genauer wissen will, Tips für Geldquellen hat, uns Sponsoren
vermitteln will (unsere Öffentlichkeitsarbeit ist Klasse...) oder
sich womöglich direkt z.B. an der Ladenmiete (mtl. 900 DM) beteiligen
will: 030 4479722 (oder siehe unten). Und wir danken an dieser Stelle allen
bisherigen Unterstützern (diese Form ist kein Undank, sondern eine
Portovermeidungsmaßnahme, jawohl!).
Mike Weimann
P.S.: Dieser Beitrag entstand in einer Pause in Wien. Wir beteiligen
uns hier auf Einladung der Schülerschule Wien an der Ausstellung "Macht
und Gehorsam - Schule unterrichtet". (S. 22) Nicht nur das beweist: wir
machen weiter.
|