KinderRächtsZeitung Regenbogen
c r e a t i v · u n a b h ä n g i g · u n b ä n d i g
 | Start | Ausgaben | Kontakt |

<< zurück zur
Ausgaben-Übersicht


Ausgabe 13

Editorial
Und Ihr habt nichts gewußt?
Theater: "Die Moskitos sind da!"
Kontrovers: Demokratie ist unteilbar! - Ein Fünftel der Deutschen ohne Wahlrecht
Wahljahr '94: Wohin rollt der Zug Deutschland?
Serie: Adolf Hitler - Das Leben des Diktators / Teil 2
Buchtip: "Julie von den Wölfen"
HEADLINES
17. Kinderfilmfest - 22 Kinderfilme aus allen Kontinenten
Kinderrechte: Was hat sich in Deutschland für Kinderrechte getan?
Buchtip: "Mein Leben mit den Schimpansen"
Interview: Primatenforscherin Jane Goodall: "Tiere verstehen lernen"
Schule: Alternativschulen in Deutschland?
Theater: "Heißes Eisen" - Ein Stück über Liebe mal anders
Laserbriefe
Aktuell: Der gewisse Reiz - Warum so viele Schüler klauen

Cover Ausgabe 13
.
Schule

Alternativschulen in Deutschland?

Sie nennen sich "Waldorf" oder "Montessori"-Schulen. Der tägliche Besuch ist Pflicht. Inwiefern sie Alternativen zur "normalen" Schule bilden, ist vielen nicht ganz klar.

Das deutsche Schulsystem befindet sich ohne Frage in einem katastrophalen Zustand. Kinder werden gezwungen in die Schule zu gehen. Dort sollen sie den ganzen Vormittag sitzen und konzentriert an Themen arbeiten, die sie zum größten Teil gar nicht interessieren. Deutschland bildet mit der "Schulpflicht" eine Ausnahme; in der gesamten Europäischen Gemeinschaft gibt es kein anderes Land mit "Schulpflicht". Die anerkanntesten Zeitschriften (zuletzt FOCUS und SPIEGEL) berichteten ausführlichst über unser völlig zurückgebliebenes Schulsystem. Es heißt aber immer noch, es gäbe Alternativschulen, die vom Staat genehmigt würden, ein Beispiel wären dafür die Schulen, die sich "Montessori-Schulen" nennen.

Die Idee Maria Montessori war es,

Maria Montessori: "Das ist die Situation des Kindes, das in der Umwelt der Erwachsenen lebt: Ein Störenfried, der etwas für sich sucht und nichts findet, der eintritt und sogleich fortgewiesen wird. Seine Lage ähnelt der eines Menschen, dem die bürgerlichen Rechte und das Recht auf seine Umwelt aberkannt worden sind: Es ist ein an den Rand der Gesellschaft verwiesenes Wesen, das jedermann ohne Respekt behandeln, beschimpfen und strafen kann, dank einem von der Natur verliehenen Recht: dem Recht der Erwachsenen."

eine Schule aufzubauen, in der Kinder sich nach eigenen Interessen bilden, und das auch nur dann, wenn sie Lust dazu haben. Die Lehrer sollten nur helfen, wenn sie gefragt wurden und nicht wie in den "normalen" Schulen Lerntempo, -ziel und -zweck bestimmen. Den Schülern sollte sogenanntes "Montessori-Material" zur Verfügung gestellt werden, mit dem sie fast alle Fragen klären könnten. So weit so gut, was jedoch ist aus dieser ansich guten Idee geworden?

Um diese Frage beantworten zu können, besuchten wir eine dieser Schulen. Viele Pflanzen und eine Gruppentischordnung ließen die Klasse viel gemütlicher aussehen, als es bei "normalen" Schulen üblich ist. Aber auch hier haben die Kinder gewisse Pflichten, so gibt es beispielsweise auch hier den 45-Minuten-Takt, nach jeder zweiten Stunde müssen die Kinder auf den Hof, und wenn die Lehrerin mit ihrer Glocke läutet, müssen sich alle auf ihren Platz setzen und ruhig sein. So wird also auch an der Montessori-Schule die Freiheit des Kindes sehr begrenzt. Die ursprüngliche Idee Montessoris ist in dieser Schule leider kaum noch vorhanden. Die heutige Montessori-Schule ist zwar ein Anfang zur Besserung, aber keine wirkliche Alternative, schon deshalb, weil sie nur aus Schülern der 1. und 2. Klasse besteht.

Die Idee der "Waldorf-Schulen" ist es, daß jeder Schüler für sich ein Individuum ist und seinen Körper frei entwickelt ohne dabei durch fremde Einflüsse gestört zu werden (was man auch immer darunter verstehen möge ... ). Fernsehen zerstöre den Organismus des Kindes, heißt es. Medien werden daher im Unterricht überhaupt nicht benutzt, Musik wird selber gemacht, Videos, CDs oder Kassetten gibt es nicht.

Die gesamte Waldorf Pädagogik wurde von Rudolf Steiner im Jahre 1919 ausgearbeitet. Ein wichtiger Teil dieser Pädagogik ist die Eurythmie, die fast jeden Tag ausgeübt wird. Eurythmie ist die Umsetzung von Worten, Lauten oder Melodien in Bewegungen. Die Waldorf-Pädagogik erlaubt jede Religion und setzt in dieser Richtung keine Einschränkungen, daher gibt es an der Rudolf-Steiner-Schule in Berlin fünf verschiedene Religionsunterrichtsformen. Auch bei der Waldorf-Schule stellt sich nun die Frage, ob sie eine wirkliche Alternative zu anderen Schulen ist. Trotzdem die Unterrichtsform meistens anders ausgeführt wird, müssen Waldorf-Schüler oftmals noch mehr Regeln befolgen, als anderswo. So darf an manchen Waldorf-Schulen kein Kleidungsstück mit einem Markenzeichen getragen werden. Kindern wird an vielen Schulen Fernsehverbot erteilt, an vereinzelten "Waldorf-Schulen" soll es sogar vorgekommen sein, daß Lehrer die Eltern und Kinder zu Hause besucht haben, um nachzugucken, ob die Familie einen Fernseher hat.

Richtige Alternativschulen gibt es auch. Ein Beispiel wäre da die "Freie Schule Berlin", die sich in auf dem UFA-Gelände befindet. Doch auch an diesen Schulen ist die Anwesenheit Pflicht. Das liegt an unserem Gesetz. Freie Schulen für Oberschüler gibt es sowieso kaum. Selbst die meisten freien Grundschulen, werden nach einer Zeit verboten (Beispiel: "Freie Schule im Mehringhof") Erst nachdem eine "Freie Schule" sechs Jahre lang erfolgreich besteht, kann sie überhaupt staatlich gefördert werden, was noch lange nicht heißt, daß sie dann auch wirklich gefördert wird. So sind die meisten "Freien Schulen" privat zu finanzieren. Und wer hat schon das Geld?

Man muß endlich begreifen, daß es nichts nutzt, Kinder in die Schule zu zwingen, wenn sie keine Lust haben, weil man lustlos sowieso kaum etwas lernt. In Deutschland ist es gesetzlich verboten, eine Schule zu errichten, die ohne Anwesenheitspflicht, Leistungsbewertung und Hausordnung auskommt und den Kindern das beibringt, was sie selber wollen!

Daß Schule für viele Kinder schon oftmals eine Lernbehinderung darstellt, ist den Gesetzgebern, Leerem und Direktoren egal, Hauptsache, ihr Stoff wird durchgezogen...

Oliver Trenkamp

.