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Ausgabe 17
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Vier Monate später - Eine Bilanz
Im August 1995 reichten die beiden Schüler Benjamin Kiesewetter
(16) und Rainer Kintzel (13) wegen Vorenthaltung des Wahlrechts beim höchsten
Gericht eine Verfassungsbeschwerde ein. Im Artikel 20 steht "Alle Staatsgewalt
geht vom Volke aus". Dies werde von dem Artikel 38 wieder eingeschränkt:
"Wahlberechtigt ist, wer das 18. Lebensjahr vollendet hat". Dem Artikel
20, so argumentiert ihr Rechtsanwalt Dr. Merk, komme ein höherer Rang
zu, weil er eine "Staatsfundamentalnorm" (Roman Herzog) darstelle und als
einziger Grundgesetzartikel mit einem Ewigkeitswert verliehen wurde (Artikel
79.3). In Karlsruhe muß nun erst entschieden werden, ob die Klage
überhaupt zur Verhandlung angenommen wird. Hier ein Bericht von Martin
Wilke, der der K.R.Ä.T.Z.Ä.-Gruppe der beiden Beschwerdeführer
angehört:
Am Mittwoch, den 23. August, fand unsere Pressekonferenz anlässlich
der Einreichung der Verfassungsbeschwerde zum Wahlalter statt. Zur Pressekonferenz
kamen ca. 60 Journalisten aus vielen Teilen Deutschlands. Auch in den folgenden
Wochen kamen viele Pressevertreter, um irgendwelche Artikel über uns
zu schreiben, Filmbeiträge zu drehen und Interviews zu führen.
So waren wir, bzw. Benjamin und Rainerbisher in nahezu allen deutschen
Tageszeitungen (über 130), etlichen Magazinen, mindestens 12 verschiedenen
Fernsehsendungen und etlichen Radiobeiträgen.
Eine allgemeine Dikussion zum Thema Kinderwahlrecht ist in Gang gekommen,
Auf dem natur-Kindergipfel (Ende September im FEZ, Berlin-Köpenick),
eigentlich einer ziemlichen Alibiveranstaftung, wurde kräftig diskutiert,
vor allem übers Wahlrecht. Die in den dortigen Workshops aufgestellte
Forderung "Wahlrecht für alle, ein Mensch - eine Stimme" wurde von
mehreren Politikern, darunter Thomas Krüger und Gregor Gysi, unterschrieben.
Auch auf der Veranstaltung "Vorfahrt für Kinder" am 10. und 11. November
in Weimar, war das Kinderwahlrecht ein wichtiges Thema, ohne das vermutlich
nur über Kinderparlamente, Spielplätze etc. diskutiert worden
wäre,
In Niedersachsen wurde das Wahlrecht ab 16 für Komrnunalwahlen
endgültig beschlossen. Das hat zwar nichts mit unserer Verfassungsbeschwerde
zu tun und ist sehr weit von unserer Forderung, Wahlrecht ohne Altersgrenze,
entfernt, aber das Thema Wahlrecht für Unter18jährige bleibt
dadurch in den Medien. Unsere Unterstützediste wird auch immer länger.
Immer mehr Leute stimmen unserer Forderung zu, und manchmal kommt auch
ein bißchen Geld auf unserem Spendenkonto an. Jedenfalls wird unsere
Forderung jetzt relativ ernst genommen. Man redet darüber. Man kann
Leute auf der Straße einfach darauf ansprechen und mit ihnen ernsthaft
darüber diskutieren. Vor einigen Monaten wäre man wahrscheinlich
von den meisten nur blöd angemacht und für verrückt erklärt
worden.
Inzwischen geraten die hochkarätigsten Menschen mit unserer Forderung
in Konflikt und müssen einen Kommentar dazu abgeben. Der WDR drehte
mit zwei Kameras ein K.R.Ä.T.Z.A.-Gespräch mit der damaligen
Bundesjustizministerin Frau Leutheusser-Schnarrenberger. Auch Rudolf Scharping
kam auf dem bereits angesprochenen Kindergipfel an einer Äußerung
nicht vorbei.
Falls in der nächsten Zeit eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
vorliegt, werden wir in der nächsten Ausgabe darüber diskutieren.
Martin Wilke
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